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Wichtige Erkenntnisse für gute Entscheidungen: ai:conomics beleuchtet Auswirkungen von KI auf Unternehmen, Beschäftigte und den Arbeitsmarkt

Veröffentlicht am 13. Dez 2024

Damit Unternehmen und Beschäftigte die Potenziale von KI erfolgreich nutzen können, müssen sie gut informierte Entscheidungen treffen. Die Ergebnisse des praxisnahen Forschungsprojekts ai:conomics tragen dazu mit einer soliden und validen Evidenzgrundlage bei. Damit legt ai:conomics den Grundstein für den verantwortungsvollen und nachhaltigen Einsatz von KI. 

Spätestens seit der Entwicklung von ChatGPT & Co wird KI endgültig als Querschnittstechnologie wahrgenommen, die in vielen Unternehmens- und Organisationsbereichen genutzt und für ganz unterschiedliche Aufgaben eingesetzt werden kann. Die Potenziale KI-basierter Innovationen für Wertschöpfung und Produktivität, die Entlastung der Beschäftigten und bessere Arbeitsbedingungen sowie die Verringerung von Fachkräfteengpässen sind groß. Entsprechend wird der Einsatz von KI in der betrieblichen Praxis zunehmend als Chance betrachtet. Dennoch nutzt aktuellen Zahlen zufolge bislang noch immer lediglich jedes fünfte deutscher Unternehmen KI-Anwendungen. Ein wesentlicher Grund dafür ist unter anderem fehlendes Wissen über die Einsatzmöglichkeiten, die Implementierung von KI im Arbeitsalltag und die konkreten Auswirkungen auf die Beschäftigten. Solche Informationen sind jedoch unerlässlich, um Entscheidungen zu treffen, die den innovativen, verantwortlichen und menschenzentrierten Einsatz von KI in der Breite der deutschen Wirtschaft voranbringen.

Feldstudien untersuchen die Effekte von KI direkt in Unternehmen und am Arbeitsplatz

Um die Potenziale von KI für Unternehmen und Beschäftigte nutzbar zu machen, ist es deshalb wichtig, die bestehenden Wissenslücken zu schließen und die Einführung und Nutzung von KI in der betrieblichen Praxis auf eine verlässliche Evidenzgrundlage zu stellen. Dazu hat das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt ai:conomics mit einer dreijährigen Forschungsarbeit einen wichtigen Beitrag geleistet.

Einzigartig ist die dabei angewendete Methode, durch die eine hohe praktische Relevanz der Ergebnisse gewährleistet ist: Im Projekt wurden in zwei Unternehmen Feldstudien durchgeführt, die die Situation vor und nach der Einführung einer KI-Anwendung in einem experimentellen Setting direkt am Arbeitsplatz auf konkrete Veränderungen analysierten und mit Kontrollgruppen verglichen. Die Forschenden begleiteten zum einen den Einsatz von KI zur Erkennung von Abweichungen an Bauteilen in der Fertigung von Leiterplatten und zum anderen den Einsatz eines KI-Tools für die Verbesserung der Weiterbildung von Beschäftigten im Kundenservice. In beiden Fällen wurden sowohl Veränderungen für die Beschäftigten – etwa die Wahrnehmung und Einschätzung ihrer individuellen Arbeitssituation oder der Wandel ihrer Tätigkeiten – als auch die Auswirkungen auf Unternehmensziele anhand von Key Performance Indicators – wie Produktivitätssteigerungen – wissenschaftlich untersucht.

KI in der betrieblichen Praxis: Erkenntnisse zu Akzeptanz, Produktivitätssteigerung und Implementationsstrategien

Ein zentrales Ergebnis der durchgeführten Fallstudien lautet: Eine Mehrzahl der Beschäftigten nimmt den Einsatz von KI am Arbeitsplatz positiv wahr, bevorzugt jedoch eine unterstützende KI statt einer vollständigen Automatisierung von Tätigkeiten. KI kann zudem zur Steigerung der Produktivität beitragen, insbesondere bei Beschäftigten mit weniger Arbeitserfahrung im Job. Die vertiefte wissenschaftliche Begleitung der KI-Einführung durch die Forschenden machte aber auch deutlich: Für eine möglichst aussagekräftigte Bewertung des Nutzens von KI muss die gesamte Komplexität der betrieblichen Praxis berücksichtigt werden. So ist die konkrete Gestaltung der Mensch-Technik-Interaktion am Arbeitsplatz in vielen Fällen mit hohen Investitionskosten verbunden und bringt sowohl neue Entscheidungs- und Aushandlungsprozesse als auch einen substanziellen Wandel des betrieblichen Arbeitsumfelds insgesamt mit sich.

Um diese Komplexität bei der Einführung von KI-Anwendungen möglichst gut berücksichtigen zu können, hat das Projekt einen ko-kreativen Prozess entwickelt, in dem KI gemeinsam mit relevanten Stakeholdern und unter Berücksichtigung vielfältiger Perspektiven von Beschäftigten, technischen Spezialist*innen, Unternehmensvertreter*innen und Arbeitnehmervertreter*innen in die betriebliche Praxis integriert werden kann. Zu den zentralen Aspekten dieses Prozesses gehören:

  • Vertrauen zwischen allen Beteiligten,
  • diagonale Kommunikationsstrukturen,
  • Raum für Anerkennung und Ausgleich von Interessenunterschieden,
  • gutes Kommunikationsmanagement,
  • Antizipation von Veränderungen im Prozess,
  • die Data-Readiness der Unternehmen (bspw. zur Messung von Produktivität)
  • und die Berücksichtigung auch indirekt Betroffener. 

Die transformative Kraft der KI: Chancen, Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten auf dem deutschen Arbeitsmarkt

Neben dem Tiefenblick in die Veränderungen der betrieblichen Praxis durch KI-Einsatz, legte das Forschungsprojekt auch einen Schwerpunkt auf die Bedeutung von KI für den deutschen Arbeitsmarkt insgesamt. Mithilfe von Informationen aus Patenten wurden KI-Einsatzpotentiale bestimmt, die Rückschlüsse auf aktuelle und kommende Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zulassen. Im Gegensatz zu einfacheren Software-Anwendungen kann KI demnach am ehesten Tätigkeiten hochqualifizierter Beschäftigter übernehmen. KI-Einsatzpotentiale sind zudem vergleichsweise hoch im verarbeitenden Gewerbe und niedrig im Gesundheits- und Sozialwesen. Berufe mit höherem Frauenanteil weisen geringere KI-Einsatzpotentiale auf als Berufe mit höherem Männeranteil. Aus diesen Unterschieden können Ungleichheiten am Arbeitsmarkt entstehen. Trotz der noch geringen Verbreitung von KI konnte das Projekt zeigen, dass KI-Aktivitäten in Unternehmen mit einem Zuwachs von Jobs in hochkomplexen Berufen einhergehen und dass gleichzeitig Beschäftigte in Jobs mit kognitiven Routineaufgaben, wie Büro- und Verwaltungstätigkeiten oder Prüftätigkeiten von höheren Löhnen profitieren. Insbesondere entscheidend ist, dass es auf dem deutschen Arbeitsmarkt insgesamt keine nachweisbaren Verdrängungseffekte im Zusammenhang mit KI gibt.

Mit all dem bestätigen die Ergebnisse des Forschungsprojekts, dass der Einsatz von KI in der betrieblichen Praxis geeignet ist, um Gesellschaft und Unternehmen voranzubringen und die Beschäftigten bei verschiedenen Tätigkeiten sinnvoll zu unterstützen. Unternehmen und Beschäftigte brauchen solche Erkenntnisse zur Beantwortung der Frage, ob die Einführung von KI in ihrem Arbeitsumfeld sinnvoll ist und was dadurch auf sie zukommt. Aber auch der notwendige gesellschaftliche Diskurs und die Gestaltung innovationsfördernder Rahmenbedingungen benötigen ein umfassendes Verständnis und eine solide Evidenzgrundlage. Hierfür sind Projektergebnisse wie die von ai:conomics zentral.

Das Projekt ai:conomics wurde von einem internationalen Konsortium bestehend aus dem Research Centre for Education and the Labour Market (ROA) der Universität Maastricht, dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der zukunft zwei GmbH durchgeführt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert. Es folgt der Empfehlung der deutschen Enquete-Kommission KI, evidenzbasierte Forschung zu den Beschäftigungseffekten des Einsatzes von KI durchzuführen, um Erkenntnisfortschritt, Managemententscheidungen, sozialpartnerschaftliche Verabredungen und politische Debatten zu unterstützen.  

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