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Praxisfallsammlung KI in der Wissensarbeit (KIWI)

Das Projekt KI in der Wissensarbeit (KIWI) untersucht, welchen Einfluss KI auf Wissensarbeiter*innen hat und welche Faktoren für eine erfolgreiche Implementierung von KI in der Wissensarbeit notwendig sind. Hierfür beleuchtet KIWI die Erfahrungen von Unternehmen aus verschiedenen Bereichen, die KI-Anwendungen an Wissensarbeitsplätzen eingeführt haben. Einige Praxisbeispiele stellen wir hier vor.

Die Übersetzung und Untertitelung zahlreicher Beiträge pro Tag stellt für die Redakteur*innen und Journalist*innen der Deutschen Welle einen großen Zeitaufwand dar. Das Tool „plain X“ unterstützt sie nun bei diesen Aufgaben.

In einer zusammenwachsenden Welt wird die Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg immer wichtiger. Doch wer schon einmal mit der Aufgabe konfrontiert war, geschriebene oder gesprochene Texte von einer Sprache in eine andere zu übersetzen, weiß, dass dies meist zeitaufwändig ist, viel Wissen und Erfahrung erfordert. Das gilt auch für den deutschen Auslandssender Deutsche Welle, der weltweit Programme in 32 Sprachen von Albanisch bis Urdu anbietet und täglich zahlreiche journalistische Beiträge übersetzen oder untertiteln muss. Die qualitativ hochwertige und barrierefreie Bereitstellung von Nachrichten in einer Vielzahl von Sprachen ist eine redaktionelle Herausforderung.

Neuere KI-basierte Sprachtechnologien (Human Language Technologies) können hier unterstützen. Sie spielen eine zunehmend wichtige Rolle, um redaktionelle Arbeitsabläufe zukunftsweisend weiterzuentwickeln. So kommt bei der Deutschen Welle vermehrt das Tool „plain X“ für die KI-gestützte Übersetzung und Untertitelung von Video- und Audioinhalten zum Einsatz. Die Technologie ermöglicht einfache, schnelle, fast vollautomatische Übersetzungen in Form von Untertiteln, Voiceover oder transkribiertem Text.

 

Für die Journalist*innen und Redakteur*innen bedeutet die Assistenz durch die KI-Anwendung eine Arbeitserleichterung. Die gewonnene Zeit erlaubt es ihnen, Themen länger und genauer zu recherchieren und die journalistischen und qualitativen Standards auf diese Weise zu wahren. Die Deutsche Welle entwickelte „plain X“ zusammen mit einem europäischen Tech-Unternehmen basierend auf Forschungsprojekten, die von der Europäischen Union sowie Googles Digital News Initiative gefördert worden sind.

So kann der Auftrag, die deutsche Sprache im Ausland zu fördern, „deutschen und anderen Sichtweisen zu wesentlichen Themen vor allem der Politik, Kultur und Wirtschaft sowohl in Europa wie in anderen Kontinenten ein Forum [zu] geben“ (Deutsche-Welle-Gesetz, §4) und der weiteren Verbreitung von Fake-News seriösen Journalismus entgegenzusetzen, künftig noch besser wahrgenommen werden.

3pc Redaktionsassistenz erleichtert die Erstellung von Webseiten

Wie können monotone redaktionelle Arbeitsabläufe wie die Integration von Links oder die Erstellung barrierefreier Inhalte vereinfacht werden? Die 3pc Redaktionsassistenz unterstützt Redakteur*innen bei der Bearbeitung von Webseiten.

Moderne Webseiten sind mehr als hübsche Zusammenstellungen von Texten, Bildern und Multimedia. Es geht zunehmend um die Herausforderung, komplexe Inhalte strukturiert und verständlich aufzubereiten und Inklusion dabei von Anfang an mitzudenken. Dazu gehört einerseits, Inhalte gut zu erklären, sie in einfacher Sprache bereitzustellen und Fremdwörter, Fachbegriffe sowie Abkürzungen für das Glossar und sogenannte Tooltips zu markieren. Eine moderne Website ist darüber hinaus nicht ohne Barrierefreiheit denkbar, sie muss auch für Menschen mit Einschränkungen bestmöglich nutzbar sein. Das gilt umso mehr für die Internetseiten öffentlicher Einrichtungen, die der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV) unterliegen.

 

Was für die einen Teilhabe und Zugang bedeutet, kann sich für andere allerdings recht arbeitsintensiv darstellen. Die Identifikation von Fremdwörtern, Fachbegriffen und Abkürzungen, die Integration von Links und die Screenreader-gerechte Aufbereitung von Texten mitsamt präziser Bildbeschreibungen ist Fleißarbeit, die bei den Online-Redakteur*innen viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Agentur 3pc hat ein KI-gestütztes Redaktionstool entwickelt, das in ein bestehendes Content Management System integriert wird. Das Tool vereinfacht wiederkehrende redaktionelle Arbeitsabläufe: Es hilft bei Verlinkungen, bei der Erstellung barrierefreier Inhalte sowie bei der Verbesserung der Suchergebnisse.

Tätigkeiten, die bis vor kurzem allein von Menschen erledigt werden mussten, werden nun von Algorithmen unterstützt: KI-Verfahren zur Textanalyse erkennen Personennamen, Orte oder Organisationen, identifizieren Abkürzungen und Glossarbegriffe und schlagen automatisch Verlinkungen zu den passenden Quellen vor. Redakteur*innen brauchen die durch die KI-Anwendungen erstellten Ergebnisse nur noch fachlich zu bewerten sowie final freizugeben – und können sich dann anderen Aufgaben widmen.

In den Wirtschaftswissenschaften ist das Publikationstempo neuer Werke hoch. Deshalb arbeitet das Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft (ZBW) an einer KI-Lösung, die bei der Katalogisierung von Neuerscheinungen unterstützt.

War es Universalgelehrten wie Leonardo da Vinci oder Galileo Galilei noch möglich, das zu ihrer Zeit gesammelte Weltwissen einigermaßen zu überblicken, so wurde es für die vielseitig interessierten Gelehrten mit den Jahrhunderten immer mühsamer sich das Wissen der unterschiedlichen Fachgebiete anzueignen. Heute ist der Universalgelehrte von der Bildfläche verschwunden. Die explosionsartige Zunahme von akademischen Inhalten ist für einzelne Wissenschaftler*innen schon lange nicht mehr zu bewältigen und stellt eine der großen Herausforderungen der modernen Wissenschaften dar. Umso wichtiger ist die systematische Erfassung und Erschließung der zahlreichen neuen Publikationen.

Das ist in den Wirtschaftswissenschaften nicht anders als in anderen akademischen Disziplinen. Entsprechend ist die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft als die weltweit größte Spezialbibliothek für wirtschaftswissenschaftliche Literatur darum bemüht, möglichst viele Neuerscheinungen im Bereich der Wirtschaftswissenschaften zu erschließen, aufzubereiten und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die im Programmbereich „Bestandsentwicklung & Metadaten“ beschäftigten Mitarbeiter*innen kümmern sich um die Formal- und die Sacherschließung der Werke. Zum einen erfassen sie bibliographische Angaben wie Titel, Autor*in, Erscheinungsort, zum anderen notieren sie inhaltliche Aspekte, die anhand eines einheitlichen Vokabulars normiert abgelegt werden. Momentan kommen jährlich ca. 100.000 Ressourcen zum Bestand der ZBW hinzu, die Fachreferent*innen können aktuell jedoch nur 35.000 im Jahr davon verschlagworten.

 

Vor diesem Hintergrund setzt die ZBW zunehmend auf automatisierte Erschließung neuer Publikationen. Seit einigen Jahren wird auch die Sacherschließung mit Methoden der Künstlichen Intelligenz angegangen. Seit 2019 wird am Aufbau eines geeigneten Softwaresystems gearbeitet, in dem Machine-Learning-Ansätze zum Einsatz kommen. In stichprobenartigen Evaluierungen durch die wissenschaftlichen Referent*innen der ZBW wurden 2020 über 65% der vorgeschlagenen Deskriptoren als “sehr hilfreich” oder “hilfreich” beschrieben.

Von einer gleichbleibend hohen Qualität der Erschließung der wirtschaftwissenschaftlichen Literatur profitieren indes nicht allein die Forschenden und Studierenden in Deutschland. Die hochqualitativen Metadaten sind auch deshalb zentral, weil Bibliotheken international vernetzt sind. Sie tauschen die in ihren Häusern erstellten Metadaten regelmäßig aus. Die ZBW ist sehr daran interessiert, dass ihre Ergebnisse – die mithilfe von Methoden der KI erstellt worden sind – auch von anderen Institutionen nachgenutzt werden.

Aus diesem Grund baut die ZBW ihre Erschließungsstategie stetig weiter aus. Die Automatisierung der Erschließung wird dabei als eine langfristige digitale Transformationsaufgabe verfolgt und mit zusätzlichem Personal ausgestattet.

Um auch ältere Werke digital zugänglich zu machen, entwickelt die Staatsbibliothek zu Berlin im Rahmen des Projekts QURATOR KI-Anwendungen. Diese können beim Kuratierungsprozess unterstützen.

Die Erschließung der Bestände von Bibliotheken, Archiven und Museen ist eine der großen Herausforderungen, die mit der digitalen Transformation verbunden sind. Als größte wissenschaftliche Universalbibliothek Deutschlands arbeitet auch die Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz daran, ihre urheberrechtsfreien Bibliotheksbestände zu digitalisieren und online zugänglich zu machen. Über 11 Millionen Bände, 2,2 Millionen weitere Druckwerke wie Handschriften, Musikautographe, Nachlässe, Karten, historische Zeitungen und weitere Dokumente sollen der Allgemeinheit im Internet frei zur Verfügung gestellt werden. Studierende, Forschende und andere Interessierte können so in naher Zukunft auf diesen in 350 Jahren gewachsenen Bestand am heimischen Bildschirm zugreifen.

 

Bevor mit digitalisierten Quellen aber genauso komfortabel gearbeitet werden kann wie mit digital-born Dokumenten, sind zahlreiche komplexe Verarbeitungsschritte und technische Herausforderungen zu meistern. Historische Dokumente weisen zahlreiche Abweichungen von heutigen Standards auf, unter anderem, wenn es um Schriftarten, Rechtsschreibung, Sprache und Layout geht. Im Projekt QURATOR wurden darum mehrere KI-Anwendungen entwickelt, mit deren Hilfe große Fortschritte bei der Weiterverarbeitung der digitalisierten Werke erzielt werden konnten. Deep-Learning-Verfahren zur Bilderkennung ermöglichen die Layout-Analyse unterschiedlicher historischer Dokumente, durch die Verwendung neuronaler Netze findet ein Texterkennungsverfahren statt und Natural Language Processing erlaubt die semantische Analyse, beispielsweise zur Eigennamenerkennung.

So können künftig nicht nur mehr digitalisiere Dokumente schneller erschlossen und weltweit online erreichbar gemacht werden. Auch die Qualität der Digitalisate kann mit diesen KI-basierten Verfahren soweit gesteigert werden, dass sie annähernd der Text-Genauigkeit der analogen Originale entspricht.

Die Abteilung Ideenmanagement bei VW sammelt Verbesserungsideen von Mitarbeitenden zu betrieblichen Abläufen. Zur Auswertung der Daten wird die Software IdeenOnlinePlayground (IOP) genutzt. Dies schafft mehr Ressourcen zur Umsetzung der Vorschläge.

Im Wirtschaftsleben ist Innovation entscheidend. Ob als kleines Unternehmen oder als internationaler Konzern, ob in der Produktion oder beim Endprodukt: Jede gute Idee kann zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden. In der Automobilbranche gilt das angesichts hart umkämpfter Märkte und der technologischen Transformation hin zur E-Mobilität umso mehr.

 

Volkswagen hat mit der Abteilung Ideenmanagement eine eigene Arbeitseinheit, in der Verbesserungsideen der Mitarbeiter*innen zu allen betrieblichen Abläufen gesammelt, bearbeitet und begutachtet werden. Jahr für Jahr reicht durchschnittlich etwa ein Drittel der Beschäftigten Verbesserungsideen ein, im Jahr 2018 lag die Zahl der Vorschläge bei mehr als 42.000. Die Mitarbeiter*innen des Ideenmanagements haben also mehr als genug zu tun: Nach der Sichtung und Bearbeitung der eingereichten Ideen müssen diese mit bereits eingereichten Datensätzen auf Ähnlichkeit verglichen werden, anschließend werden geeignete Gutachter*innen identifiziert, die die Umsetzbarkeit prüfen. Aufgrund der Größe des Unternehmens und der damit verbundenen Vielfalt der Themen sind diese Prozesse zeitaufwändig, die Datenbank der Verbesserungsideen im VW-Ideenmanagement umfasst derzeit über eine Million Vorschläge.

Veröffentlicht am 27. Jul 2022 zum Thema: Anwenden