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5 Fragen an Prof. Dr. Frank Marcinkowski (MeMo:KI): Die öffentliche Meinung im Blick
Veröffentlicht am 11. Jan 2021
Wie stehen die Deutschen zu KI? Welche Sorgen und Debatten gibt es (nicht)? Das Forschungsteam hinter dem Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz (MeMo:KI) geht diesen Fragen auf den Grund.
Prof. Dr. Frank Marcinkowski ist Professor am Institut für Sozialwissenschaften der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ebenso ist er Mitglied des Forschungsteams vom Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz, in dem dazu geforscht wird, welche Vorstellungen und Meinungen es im öffentlichen Diskurs über Künstliche Intelligenz gibt.
Zwischen dem KI-Observatorium und dem Forschungsteam MeMo:KI findet regelmäßiger Austausch und auch gemeinsame Arbeit an Projekten und bei Befragungen statt, so zum Beispiel bei der Sonderbefragung „KI in der Arbeitswelt“. Die von MeMo:KI erhobenen Daten werden zudem in die vom KI-Observatorium erarbeitete KI-Indikatorik einfließen.
1. Worum geht es in Ihrem Forschungsprojekt (allgemein und im Spezialthema KI und Arbeitswelt)?
Der Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz (MeMo:KI) liefert eine langfristig angelegte, kontinuierliche und repräsentative Beobachtung der öffentlichen Meinung zur Künstlichen Intelligenz (KI) in Deutschland. Zugleich dokumentieren wir die öffentlichen Debatten zum Thema, sowohl in den traditionellen als auch in den Sozialen Medien. Und natürlich suchen wir nach Zusammenhängen zwischen diesen beiden Phänomenen. Dabei interessiert uns, welche Resonanz das Thema KI allgemein erfährt. Aber auch, wie spezielle Fragen verhandelt werden: z. B. der Einsatz von KI in der Corona-Pandemie, wie durch KI Diskriminierungs- und Fairnessprobleme entstehen, oder die Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt.
2. Welche Fragen will das Projekt beantworten?
Unser Interesse an den Daten ist durch einen bemerkenswerten Widerspruch motiviert: Einerseits versprechen Bundesregierung und EU, einen eigenständigen, europäischen Weg einer am Menschen orientierten KI zu verfolgen. Andererseits zeigen sich gerade diese Menschen in großer Mehrheit merkwürdig desinteressiert und bestenfalls vage informiert, wenn es um KI geht. Daraus folgt, dass der durch KI induzierte technologische Wandel im Vergleich zur Einführung anderer Großtechnologien (Atomenergie, Bio- und Gentechnik) bisher erstaunlich konfliktarm vor sich geht. Das ist für Regierungen eine komfortable Situation, denn es nimmt ihnen Handlungsdruck. Im Sinne einer aufgeklärten Mitwirkung der Bevölkerung am technologischen Wandel, ist die Passivität aber defizitär. Daher fragen wir, wie das Interesse der Bürger an diesem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel geweckt und die sogenannte KI-Literacy gestärkt werden kann.
3. Was sind die ersten Erkenntnisse aus dem Projekt?
Seit Mai 2020 untersuchen wir die öffentliche Meinung zu KI in kurzen Abständen. Wir sehen, dass sich sowohl die Aufmerksamkeit für KI als auch die Beurteilung einzelner Anwendungen in verschiedenen Anwendungsfeldern seitdem kaum verändert hat. Das hängt sicher damit zusammen, dass Corona derzeit die meisten anderen Themen aus den Köpfen der Menschen verdrängt. Etwa die Hälfte der Befragten äußern nur wenig Interesse an KI, etwa ein Fünftel der Bevölkerung gilt hingegen als sehr interessiert. Zudem befürworten Zweidrittel der Befragten den Einsatz von KI in der industriellen Produktion. Das ist eine deutlich höhere Zustimmung als in jedem anderen abgefragten Anwendungsbereich (z. B. im Verkehr etwas mehr als 40 %, in der Politik oder bei Gericht jeweils weniger als 10 %).
Eine starke Angst vor dem Arbeitsplatzverlust durch KI, können wir in unseren Befragungen nicht feststellen. Nur 6 % der Befragten fürchten derzeit, den eigenen Arbeitsplatz an intelligente Maschinen zu verlieren. Etwa 20 % der Befragten vermuten Massenarbeitslosigkeit als Folge eines flächendeckenden Einsatzes von KI in der Arbeitswelt. Insgesamt wird KI mittelfristig nur wenig Veränderungspotenzial für Beruf und Arbeit zugetraut. Veränderungen, die erwartet werden, betreffen die Stärkung von Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit bei gleichzeitiger Schwächung des sozialen Miteinanders im Berufsleben.
4. Wo kann ich mehr über das Projekt erfahren?
Die Ergebnisse des MeMo:KI stellen wir online zur Verfügung. Über unsere Projektseite können sowohl ein Dashboard mit den Daten unserer kontinuierlichen Beobachtungen aufgerufen werden, wie auch Factsheets zu den Spezialthemen, mit denen wir uns beschäftigt haben. Zum Beispiel finden Sie hier auch das Factsheet zum Thema KI in der Arbeitswelt. Ansonsten stehen ich und meine Mitarbeiter:innen für Fragen auch gerne per Mail (memoki[at]hhu.de) zur Verfügung.
5. Welche KI-Innovation würden Sie sich persönlich am meisten wünschen?
In meinem Alltag als Universitätsprofessor bin ich immer wieder erstaunt, wie sich das Nachfrage- und Annahmeverhalten von Studierenden im Hinblick auf Studienplätze, aber auch Kursplätze in einzelnen Lehrveranstaltungen verändert. Predictive Analytics, die Licht in dieses Dunkel bringt, würde uns die Planung des Lehrangebots erheblich erleichtern. Überhaupt glaube ich, dass innerhalb von Hochschulen eine Vielzahl von nützlichen KI-Anwendungen denkbar sind, wenn sie sozial verantwortlich entwickelt und implementiert werden.